Untersuchung Uhlmann: Kantonspolizei hat gehandelt, aber Hindernisse zu wenig hinterfragt

Rechtsprofessor Felix Uhlmann hat seine Untersuchung über die Beurteilung und das Vorgehen der Kantonspolizei im Fall eines Mitarbeiters, der im Spätsommer 2016 durch seine im Internet geäusserte Gesinnung negativ aufgefallen ist, abgeschlossen. Aus seiner Sicht hat die Polizeileitung damals zwar den personal- und den datenschutzrechtlichen Handlungsbedarf erkannt. Sie habe es aber unterlassen, auftauchende datenschutzrechtliche Probleme zu lösen und übergeordnete Vorgaben zu hinterfragen. Deshalb werden nun die Abläufe und Prozesse für einen vergleichbaren Fall geklärt. Die Kantonspolizei wird darüber hinaus auch das Datenzugriffskonzept überarbeiten.

Ende April 2017 war ein Mitarbeiter der Kantonspolizei Basel-Stadt durch Medienberichte in den Verdacht geraten, polizeiliche Datenbanken missbräuchlich verwendet zu haben. Im Zuge der Berichterstattung wurde bekannt, dass der kantonale Nachrichtendienst (KND) sowie der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) bereits im Spätsommer 2016 auf den Mitarbeiter wegen seiner auffälligen pro-Erdogan-Aktivitäten aufmerksam geworden waren. Konkrete Anhaltspunkte für Spionagetätigkeiten bestanden damals nicht, jedoch liess der NDB den KND die Kantonspolizei Basel-Stadt informieren, weil er die Aktivitäten dieser Person als kritisch in Bezug auf ihre berufliche Tätigkeit beurteilte. Die Polizeileitung entschied sich nach einer grösseren Auslegeordnung, aufgrund der damaligen Fakten- und Rechtslage keine weitergehende Abklärungen oder Massnahmen einzuleiten.

Inzwischen ist der Mitarbeiter freigestellt (vgl. Medienmitteilung dazu vom 27. April 2017). Mit Blick auf die damaligen Erkenntnisse entschied Regierungsrat Baschi Dürr als zuständiger Vorsteher des Justiz- und Sicherheitsdepartementes Basel-Stadt, die Beurteilung und das Vorgehen der Kantonspolizei von damals unabhängig aufarbeiten zu lassen. Er beauftragte hierfür Felix Uhlmann, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich und Rechtsanwalt, mit einer entsprechenden Untersuchung. Sein Untersuchungsbericht liegt nun vor.

Darin kommt Felix Uhlmann zum Schluss, dass die Leitung der Kantonspolizei den personal- und den datenschutzrechtlichen Handlungsbedarf erkannt hat. So habe sie im Herbst 2016 richtigerweise versucht, die Log Files des Mitarbeiters über die Benutzung der Datenbanken von Bund und Kanton erhältlich zu machen. Diesen Bemühungen seien einerseits beträchtliche datenschutzrechtliche Hürden entgegengestanden. Andererseits habe der KND sich gegenüber der Polizeileitung dahingehend geäussert, dass auf eine präventive Ansprache des Mitarbeiters zu verzichten sei. Für diese Schwierigkeiten trage die Kantonspolizei keine Verantwortung.

Uhlmann kritisiert jedoch, dass die Kantonspolizei die Vorgabe des KND zu keinem Zeitpunkt hinterfragt oder thematisiert habe. Auch habe sie nicht versucht, die datenschutzrechtlichen Probleme unter Beizug des Datenschutzbeauftragten oder eventuell des Departementsvorstehers zu lösen. «Die Brisanz der Vorwürfe und der personalrechtliche und datenschutzrechtliche Handlungsbedarf wurden möglicherweise unterschätzt.»

Im vorliegenden Fall sei so bezüglich möglicher Massnahmen gegenüber dem Mitarbeiter eine Art «rechtliche Pattsituation» eingetreten. Das Vorgehen der Kantonspolizei Ende April 2017 zeige, dass ein früheres Einschreiten durchaus erfolgsversprechend gewesen wäre. Die Äusserungen des Mitarbeiters im Internet wertet Felix Uhlmann als «inakzeptables Verhalten». Zudem hätte ein Blick in die Personalakte Hinweise auf den dringlichen Handlungsbedarf schon Ende Oktober 2016 verstärkt. Uhlmann hält in seinem Fazit sodann fest, dass der Erfolg solcher Massnahmen nicht garantiert gewesen wäre; entsprechende weitergehende Versuche wären seines Erachtens aber angezeigt gewesen.

Sollte sich ein gleich- oder ähnlich gelagerter Fall in der Zukunft ergeben, wird sich die Kantonspolizei mit der Staatsanwaltschaft über eigene Handlungsmöglichkeiten auseinandersetzen. Ebenfalls ist der Departementsvorsteher zu informieren. Das Gleiche gilt in rechtlich komplexen Situationen rund um die Datenherausgabe. Künftig wird die Kantonspolizei erwägen, zusätzliche Stellen – etwa den kantonalen Datenschutzbeauftragten – zu konsultieren. Die entsprechenden Abläufe und Prozesse für einen vergleichbaren Fall werden deshalb auf departementaler Ebene geklärt. Gemeinsam mit dem Datenschutzbeauftragten wird die Kantonspolizei sodann das Zugriffsberechtigungskonzept auf Datenbanken (inklusive periodischer Stichprobenüberprüfung) überarbeiten.

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